Hirngrössenevolution - ein experimenteller Ansatz
Kurzbezeichnung
Hirngrößenevolution
Einrichtung Vetmeduni
Geldgeber
Art der Forschung
Grundlagenforschung
Laufzeit
01.09.2013
-
28.02.2014
Projektkategorie
Einzelprojekt
Abstract
Warum unterscheidet sich das menschliche Gehirn so stark von dem aller anderen Tierarten? Welche evolutionären Vorgänge prägten die Form des menschlichen Gehirns? Diese Fragen beschäftigten Generationen von Evolutionsbiologen und sind nach wie vor Schlüsselfragen der modernen Evolutionsbiologie. Massive Forschungsanstrengungen in diesem Gebiet haben in den letzten beiden Jahrzehnten beträchtlich dazu beigetragen jene Selektionsdrücke zu ergründen, die die Evolution des Vertebratengehirns vorantreiben. In vergleichenden (inner- und auch zwischenartlichen) Studien konnte der Zusammenhang zwischen der Hirngrössenvariation rezenter Arten und der Variation einer Reihe von ökologischen und verhaltensbiologischen Merkmalen dieser Arten hergestellt werden, und damit mögliche evolutionäre Vorgänge der Hirngrössenevolution aufzeigen. Aber obwohl vergleichende Studien einen wichtigen ersten Schritt in der Erforschung der Hirnevolution des Menschen darstellen, können diese Studien keinen kausalen Zusammenhang untermauern. Dazu bedarf es immer geeigneter Experimente. Mit dem hier beschriebenen Projekt versuchen wir diese Lücke zu schließen; wir wollen Schlüsselfragen der Hirnevolution mittels experimenteller Tests beantworten. Namentlich werden wir die klein- und grosshirnigen Guppylinien (Poecilia reticulata), die ich kürzlich in Niclas Kolm's Gruppe am EBC der Universität Uppsala, Schweden entwickelt habe verwenden, um die potentiellen Kosten und Nutzen von großen bzw. kleinen Gehirnen zu untersuchen. Ich will mich zuerst auf die Verhaltenskonsequenzen von veränderter Gehirngröße konzentrieren indem ich die kognitiven Fähigkeiten der beiden Linen vergleiche. Mittels dieses einzigartigen Modellsystems werde ich dann die Konsequenzen von verschiedenem Investment in die Gehirnentwicklung untersuchen; nachdem das Gehirn zu den energetisch teuersten Organen gehört, wird eine Selektion auf dessen Größe unausweichlich zu einem "trade-off" mit anderen Körperteilen führen. Ich werde daher Unterschiede in den sekundären sexuellen Charakteristika der Männchen (teure Karotenoidfärbungen, Flossen- oder Gonopodiumgrösse und Balzverhalten) und Fertilitätsaspekte der Weibchen (Nachkommenszahl und -Größe, Zeitpunkt der Geschlechtsreife) untersuchen. Unmittelbar mit diesen Fragen verbunden werde ich den Balzerfolg untersuchen indem ich die in die Weibchen gelangten Spermien und die Nachkommen von gemischten Gruppen genetisch bestimme. Weitere, durch theoretische und vergleichende Forschung vorhergesagte trade-offs, die ich untersuchen will sind die Lebenserwartung, die Größe des Verdauungstraktes und Aspekte der Physiologie wie etwa metabolische Rate. Aber ich werde auch untersuchen, wie Hirnmorphologie auf starke Hirngrößenselektion reagiert und daher eruieren, ob einige Hirnareale stärker wachsen als andere und ob sich die Neuronenzahl oder deren Größe verändert. Schließlich werde ich mit Hilfe quantitativer Genetik die Varianz und Covarianz wischen Gehirngröße, Körpergröße und Lebensgeschichte innerhalb des ca. 2000 Individuen und fünf Generationen umfassenden Stammbaums ermitteln. Im Zuge der Beantwortung dieser Fragen werde ich mit führenden Wissenschaftlern anderer Fachgebiete zusammenarbeiten, drei Diplomstudenten betreuen und 5-7 wissenschaftliche Artikel produzieren. Ich hoffe das erworbene Know-how dann nach Österreich zu bringen, wenn ich nach Wien zurückkehre.